82. WocheFSK12116 Min.
Lars Kraumes neuer Film nähert sich mit kritischer Distanz einem hochrelevanten und bisher wenig aufgearbeiteten Thema aus der afrikanisch-deutschen Geschichte und erzählt vom Völkermord der Deutschen an den afrikanischen Völkern der Ovaherero und Nama.
[Die Vorstellung am 09.05. um 17:30 Uhr muss aufgrund eines technischen Fehelers leider entfallen]
Regie | Lars Kraume |
Besetzung | Leonard Scheicher, Girley Charlene Jazama, Peter Simonischek, Sven Schelker |
Länge | 116 Minuten |
Land / Jahr | Deutschland 2023 |
Berlin, Ende des 19. Jahrhunderts: Der ehrgeizige Ethnologie-Doktorand Alexander Hoffmann ist Teil einer Studiengruppe, die für die „Deutsche Kolonial-Ausstellung“ eine Gruppe von Stammesangehörigen der Ovaherero und Nama untersuchen und deren Schädel „vermessen“ soll. Mit den Forschungsergebnissen möchte Hoffmanns Professor wissenschaftliche Daten erheben, die die gängigen Rassentheorien der Zeit untermauern. Doch Hoffmann lernt Kezia, eine Herero, näher kennen und beginnt an der Theorie zu zweifeln. Als sich kurze Zeit später die Ovaherero und Nama in Namibia gegen die deutschen Kolonialisten erheben, meldet sich Hoffmann freiwillig zu einer Forschungsexpedition, auch um Kezia wiederzusehen. Doch in Namibia angekommen, wird Hoffmann direkter Zeuge des Völkermords. Eine grausame Tatsache, die auch ihn nötigt, Stellung zu beziehen.
Mit seinem Film „Der vermessene Mensch“ widmet sich der Regisseur und Autor Lars Kraume einem Kapitel der afrikanisch-deutschen Geschichte, das erst im Jahr 2015 durch die Bundesregierung als Völkermord klar benannt wurde: Den Greueltaten an den Ovaherero und Nama Ende des 19. Jahrhundert. Kraume erzählt die Geschichte aus der Perspektive eines opportunistischen Wissenschaftlers, der hin- und hergerissen ist zwischen seinem persönlichen Ehrgeiz und seinem Forscherdrang, welcher ihn an gängigen Denkmodellen zweifeln lässt. Leonard Scheicher verkörpert diesen Zwiespalt überzeugend und stellt Hoffmann in seiner Ambivalenz und seiner offensichtlichen Charakterschwäche als Antiheld dar, dessen Motivation man klar verurteilen muss, vor allem, weil er wider besseres Wissen eine rassistische Haltung unterstützt. Bei der Dramaturgie geht es Kraume nicht um Elemente eines Abenteuerfilms, bei den Bildern der Kamera nicht um Effekthascherei. Dennoch gelingt den Macher:innen packendes und hochrelevantes Erzählkino, dass sich einem Kapitel unserer Geschichte respektvoll-kritisch annähert.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung