Weihnachtsfilme haben keinen besonders guten Ruf. Doch auch wenn ihnen Kitschigkeit und vorhersehbare Plots nachgesagt werden (nicht immer zu Recht, aber eben auch nicht immer zu Unrecht), sind Weihnachtsfilme für viele ein fester Bestandteil des Festes. Mehr noch, Vorstellungen vom „richtigen Weihnachten“ mit Schnee, Tannenbäumen, roter und goldener Dekoration erweisen sich als ganz wesentlich vom Kino geprägt. Grund genug, den Weihnachtsfilm einmal etwas genauer zu betrachten. Anhand von ausgewählten Filmbeispielen soll gezeigt werden, dass Weihnachtsfilme guilty pleasure, zugleich aber auch kulturelle Schwergewichte sein können. Sie erzählen von Krisen, Wünschen und Wundern oder inszenieren und reflektieren Paarbildungsprozesse und Familienformen. Was einen Weihnachtsfilm zum Weihnachtsfilm macht, in welchen Genres er sich realisieren kann und ob Love Actually eigentlich gut gealtert ist – wir sprechen darüber!
PD Dr. Irmtraud Hnilica ist akademische Rätin am Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft der FernUniversität in Hagen. Seit 2021 beschäftigt sie sich neben ihrem literaturwissenschaftlichem Schwerpunkt auch mit Weihnachtsfilmen. Bereits erschienen sind zwei gemeinsam mit Andrea Geier und Irina Gradinari bei transcript herausgegebene Bände Weihnachtsfilme lesen. Familienordnungen, Geschlechternormen und Liebeskonzepte im Genre (2023) sowie Weihnachtsfilme lesen II. Von Krisengeschichten und Wunschszenarien (2024).
Über die CineScience-Reihe „Schund und Vergügen“
Schon in den Jahren seiner Entstehung hatte das Kino als Kunstform keinerlei Berührungsängste mit unbeschwerter Unterhaltung. Die ersten Filmvorführungen fanden auf Jahrmärkten stand – da durfte es schon mal klamaukig, deftig oder schlüpfrig zugehen. Daher war es kein Zufall, sondern nur historisch folgerichtig, dass auch das geflügelte Wort von den Guilty Pleasures, denen sich das KWI im Rahmen seines Jahresthemas 2024/25 verschrieben hat, dem Universum der Lichtspielhäuser entstammt. In der Zeitschrift Film Comment bekannten sich Autoren, Kritiker und Regisseure in der gleichnamigen Rubrik stolz zu Streifen, über die andere gern die Nase rümpften. Die Reihe CineScience: Schund und Vergnügen will dem in nichts nachstehen und läutet das Ende der Scham ein. So kommen Fans der Winnetou-Verfilmungen bei uns genauso zu ihrem Recht wie jene, die jedes Jahr aufs Neue den immer gleichen Weihnachtsfilmen entgegenfiebern oder vom Slapstick eines Louis de Funès nicht genug kriegen können. Nichts ist peinlich, und wenn Männer auf der Leinwand in Tränen ausbrechen, ist das für uns nur ein Grund mehr, genauer hinzusehen. Denn ist der schnöde Hochkulturanspruch erst einmal revidiert, sitzt es sich im Kino endlich wieder ungeniert.